Ich bin doch immer wieder erstaunt, liebe Leserinnen und Leser …
… ich bin immer wieder erstaunt über die Weisheit des Schulministeriums. Anfänglich, also zu Beginn des Schuljahres, dachte ich noch: Wie kommen die Kolleginnen und Kollegen, die die Themen für das Zentralabitur auswählen, nur auf diese bescheuerte Idee, Lessings „Nathan der Weise“ in den Kanon aufzunehmen? Kriegen die nicht mit, dass Texte deutscher Klassiker mittlerweile größere Verständnisschwierigkeiten für Schüler schaffen als ein fremdsprachlicher Text? Doch dann lese ich letzte Woche im Heimatblatt: „Runder Tisch der Religionen vor Neuauflage.“ In dem Artikel wird ein Vertreter der Islamischen Gemeinschaft Hagen zitiert mit den Worten: „Im Grunde stammen wir alle vom selben Vater ab.“ Wahnsinn, durchfuhr es mich da, mal eben die Aussage von Lessings religiösem Toleranz-Drama, durch dessen 150 Reclam-Seiten sich die diesjährigen Abiturienten quälen mussten, in einem Satz auf den Punkt gebracht! Und dieses Mal nicht durch Nathan, den Juden, sondern durch Abdullah, den Moslem! Und der Superintendent des evangelischen Kirchenkreises bekräftigt ebenfalls, dass es Zeit wäre, sich an den runden Tisch zu setzen, da es genügend Themen gäbe, die alle Religionen vereinten, zum Beispiel die Bewahrung der Schöpfung angesichts des Klimawandels. Vertreter aller Religionen betonen, dass es ja schon immer Bemühungen um gegenseitige Annäherung gegeben habe. So hätten beispielsweise Vertreter muslimischer Kulturvereine Andersgläubige zum gemeinsamen Fastenbrechen während des Ramadan eingeladen. Masallah! Ich habe mich auch schon immer gefragt, was das soll … den ganzen Tag über Askese … und abends, nach Einbruch der Dunkelheit, Völlerei, bis der Arzt kommt. Die christliche Art des Fastens – zum Beispiel von Aschermittwoch bis Ostersonntag keinen Alkohol – finde ich genauso fragwürdig. Die Brauerei-Branche ist durch den Anstieg der Rohstoff-Preise doch schon genug gebeutelt. Aber ich schweife ab! Runder Tisch der Religionen war das Thema. Meine Neugierde ist auf jeden Fall geweckt. Ich kenne ja die Haltung von Kardinälen, Päpsten etc. Wie aber denken Rabbis und Imame über sexuellen Missbrauch von Minderjährigen … durch Rabbis und Imame? Oder machen Juden und Muslime so etwas nicht? Und wie gehen Rabbis und Imame damit um, wenn einer der ihrigen eine halbe Millionen Euro Spielschulden hat? Spannende Fragen! Aber das wirklich Schöne an einem solchen runden Tisch der Religionen wäre doch: Er macht deutlich, wer nicht mit dransitzen darf! Nämlich der, der Religion für „Opium für‘s Volk“ hält! Und der setzt ja momentan alles daran, der restlichen Welt als Teufel zu erscheinen!
Einen runden … äh … schönen Mai wünscht
Ihr Uwe Depping

(Glosse 5/22)