Alles, was Rang und Namen hat, liebe Leserinnen und Leser …
… alles, was Rang und Namen hat, hat uns in den letzten Tagen den persönlichen Jahresrückblick aufgedrängt. Ich kann mir diese ganze Rückblickerei gar nicht mehr anhören, anschauen oder lesen. Und deshalb werde ich auch hier darauf verzichten oder, besser gesagt, ich werde meinen Rückblick in einem einzigen kurzen Satz zusammenfassen: Das vergangene Jahr war verdammt … bescheiden! Ich wüsste treffendere Wörter – aber ich fürchte, dass meine Chefredakteurin ihr Veto einlegen würde. Was mich jedoch verärgert an all den Dingen, die im vergangenen Jahr „bescheiden“ gelaufen sind, ist, dass man alles hätte verhindern können. Man wusste, dass Putin ein Despot ist, der auf nichts und niemanden Rücksicht nimmt, man wusste, dass es gefährlich ist, sich vom Erdgas solcher Menschen abhängig zu machen. Man wusste, dass der Klimawandel weiter voranschreiten würde, wenn man nicht beherzt und zügig Maßnahmen ergreift. Man wusste, dass es völliger Schwachsinn war, eine Fußball-WM in einem Wüstenstaat mit Despoten (Despot: siehe oben) stattfinden zu lassen. Man wusste, dass es Irrsinn war, beim Thema „Silvester-Böller“ an den gesunden Menschenverstand zu appellieren, denn man wusste, dass es immer genügend Menschen gibt, die über so etwas gar nicht verfügen. Ich kann ja auch nicht an meinen Hund den Appell richten, er möge nicht bellen. Ich habe gar keinen Hund? Ach ja, stimmt! Aber das Bild gefällt mir! All das wusste man … und hat es trotzdem zugelassen! Ja, ja … natürlich ist es einfach, hier am Schreibtisch zu sitzen und über Gott und die Welt zu schimpfen. Aber ich bin ja auch nicht besser. Als ich mit meiner Frau das Weihnachts-Menü besprach, habe ich gewusst, dass ich nach Weihnachten wieder einige Kilos mehr auf den Rippen haben würde. Und als ich am 27.12. auf die Waage stieg, war ich nicht überrascht, denn: Ich habe es ja gewusst! Aber dennoch: Durch meine Gewichtszunahme habe ich keine Energiekrise ausgelöst, ich habe dem Klima nicht wirklich geschadet, ich habe das Ansehen des Welt-Fußballs nicht in den Schmutz gezogen … und geböllert habe ich auch nicht. Die paar Kilos bin ich im neuen Jahr durch effektive Diät und vermehrten Sport – soviel zu meinen guten Vorsätzen – im Nullkommanichts wieder los. Aber mein anspruchsvollster Vorsatz wird mir das ganze Jahr über sehr viel Geistesgegenwart abverlangen: Denn ich möchte versuchen, mir immer im Voraus darüber bewusst zu sein, welche Folgen mein Handeln haben wird – damit mir später niemand vorwerfen kann, ich hätte es ja wissen müssen.
In diesem Sinne wünsche ich auch Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, ein bewusstes und positives neues Jahr!
Ihr Uwe Depping
(Glosse 1/2023)