Abschied, liebe Leserinnen und Leser …
…. und wer wüsste das nicht: Abschied ist ein scharfes Schwert. Obwohl wir das genau wissen, ist es aber doch immer schmerzlich, wenn das Schwert zuschlägt. Anfang Januar hat sich meine treueste Leserin für immer verabschiedet. Seit ca. zwei Jahrzehnten hat meine Mutter alle HAKEN-Ausgaben gesammelt, doch die Ausgabe vom Dezember 2022 war nun ihre letzte. Anfang Januar ist sie im Alter von 81 Jahren verstorben. Ich muss immer lächeln, wenn ich daran denke, wie sie dem Erscheinungsdatum jeder neuen Ausgabe entgegenfieberte, wie sie dann immer eine handvoll Ausgaben an sich nahm, damit auch ja mein Bruder und all ihre Freundinnen mit dem neuesten Exemplar ausgestattet werden konnten. Und sie war nicht nur meine treueste Leserin, sondern auch meine schärfste Kritikerin. Denn sie erging sich keinesfalls in bloßem Lob, das einer blinden Mutterliebe geschuldet gewesen wäre … oh nein! Gnadenlos wies sie mit ihrem Finger auf die Schwachpunkte in meinen Texten, die mir selbst beim Schreiben gar nicht aufgefallen waren oder die meine Chefredakteurin großzügig „übersehen“ hatte. Nicht so meine Mutter! Und so kam es öfter zu Monatsbeginn, wenn ich ein „Gut so, Junge“ erwartet hätte, zu einem „Was hast du dir denn dabei gedacht?“, zu einem „Wer soll das denn verstehen?“ oder zu einem „Wieso hast du das denn so formuliert?“.
Ab jetzt werde ich also auf diese Art Rückmeldung verzichten müssen. Hab‘ Dank, liebe Mama, für deine Anteilnahme und dein Interesse an meiner Arbeit für den HAKEN! Ich weiß nicht, ob du von dort, wo du jetzt bist, den HAKEN noch lesen kannst – ich vermute, eher nicht – aber falls doch, sei dir gewiss: Dieser WIDERHAKEN ist nur dir gewidmet! Natürlich dürfen und sollen auch Sie, liebe Leserinnen und Leser, diesen WIDERHAKEN lesen. Und vielleicht teilen Sie ja mit mir die Erkenntnis, die wir natürlich alle intuitiv schon immer hatten, die aber doch von Zeit zu Zeit einer bewussten Erneuerung bedarf: Mir wird wieder deutlich, wie begrenzt unser, also auch mein Erdenleben ist. Und mir wird genauso deutlich, wie oft ich tagtäglich Kleinigkeiten so groß werden lasse, dass sie als Belastung empfunden werden: der Streit mit der Partnerin, der Ärger mit meinem kleinen Sohn (die geborene Nervensäge), die Konflikte in der Schule etc. Angesichts der Endlichkeit meines Lebens schrumpft all das fast zur Bedeutungslosigkeit zusammen. Und es ist sehr wohltuend, diese Dinge als nicht so wirklich bedeutungsvoll ansehen zu dürfen. Vielleicht ist das ja das wichtigste Vermächtnis, das meine Mutter mir mit auf den Weg gegeben hat! Ruhe in Frieden, liebe Mama!
Und wir, liebe Leserinnen und Leser, lesen uns nächsten Monat wieder!
Bis dahin
Ihr Uwe Depping
(Glosse 2/2023)